Aisha, écoute moi

die lieben nachbarn, TEXT

Multikulti! Gestern kochten wir thailändisches Massaman Curry vegane Art, indischen Biranyi Reis als spontanes Abendessen zu Orangina und belgischem Bier für eine Somalierin, eine flämische Palästinenserin, die in Jordanien aufgewachsen ist, eine Argentinierin mit belgischem Pass und eine die südostasiatische Küche favorisierende Schwäbin mit Wahlheimat Mannheim. Unter diesen Umständen fühlt man sich auch in einer flämischen Stadt mit katholischer Universität wohl.

Eigentlich hätten wir Maultaschen machen sollen. Was Schwaben am heiligen Fischfreitag essen. Und Muslime bestimmt am Ramadan wenn die Sonne im Zenith steht. Aisha ist nämlich ein kleines Ramadan-Bscheißerle.

Es ist mein erster Austausch mit gläubigen, in bunte Kopftücher gehüllten muslimischen Frauen.

Bis dahin kannte ich nur Muslime, die Religion so kulturell bedingt und philosophisch sehen wie ich, darunter Mustafa – mein İstanbuler Freund und Aufklärer über die moderne Türkei (vor Erdoğan…) , eine homosexuelle Alevitin (im Alevitentum sind Frauen gleichberechtigt und in den alevitischen Glaubensgrundsätzen mit den gleichen Rechten ausgestattet wie Männer) und Hanife, unsere Mannheimer Lieblingsbedienung und Kaffeesatzexpertin.

Frauen mit bunten Kopftüchern in Brüssel

Aisha lernte mich vergangene Woche halbnackt mit einem Handtuch umwickelt an der Wohnungstür meiner Freundin kennen. Auch wenn ich mir die Situation andersherum nicht vorstellen kann, war ihr das mit der Tür in die Dusche fallen und mit einer Fremden unbekleideten Westlerin zu quatschen ziemlich egal. Im Gegensatz zu mir war Aisha auch anständig angezogen –  mit einem ein Hawaiihemd anmutendem somalischen Gewand und beigefarbenem Kopftuch.  Sie macht das freiwillig, zeigt ihr süßes Gesicht und erklärt mir das Kopftuch als persönliche Entscheidung und kulturelle Gepflogenheit. Selma wendet ein, sie fühle sich damit  in der fremden Öffentlichkeit auch weniger nackt und überlässt uns ihr Kopftuch zum Anprobieren. Erkenntnis: mein deutsches Gesicht passt besser unter eine Wollmütze und meine argentinische Freundin würde, das Tuch anders gebunden, als Piratin durchgehen.