Seit langem sehe ich mal wieder einen Mülleimer! Am Flughafen zu Thiruvananthapuram (Trivandrum). Das sieht total nach ordnungsgemäßer Mülltrennung aus! Aber ich glaube es nicht.
Während wir uns in Deutschland vom grünen Punkt und seinen Recyclingprophezeihungen verarscht vorkommen, weil in den meisten Fällen der sauber getrennte Müll auf einen großen Müllberg gekippt und schließlich in gefilterten Müllverbrennungsanlagen verwertet wird, spielt Indien offenbar in einer anderen Liga. Trivandrum mag eine Müllverbrennungsanlage haben, aber die reicht bei weitem nicht aus. Auf dem Weg zum Flughafen fahren wir an einem Cricketspielfeld vorbei, von Plastikmüll gesäumt, durch Siedlungen, an denen alle paar Meter ein Häufchen liegt und ich überlege, ob ich meine Coladose nun einfach beim nächsten Häufchen das kommt aus dem Autofenster hinauswerfe. Vineeth erleichtert mir die Schandtat, nimmt meine Dose und schmeißt sie einfach irgendwo raus.
Mein Hals kratzt und ich bin nicht die einzige hier mit Schleimbildung, dessen sich Inder ungeniert durch röcheln, rotzen und spucken auf den Weg befreien. Man stellt besser nirgends seinen Rucksack auf den Boden außer zwischen die eigenen Beine, wenn man die Sauerei vermeiden will. Die Ursache der allgemeinen Atembeschwerden ist eindeutig dem Rauch zuzuordnen, der täglich beim Verbrennen irgendeines Abfallhaufens emporsteigt, und man will sich besser keine Gedanken über die toxische Wirkung der Dämpfe verbrannten Plastikallerleis machen.
Im Strandörtchen Kovalam bat mich letztens eine Gruppe Studentinnen aus Bangalore an einer Umfrage zum Tourismus in der Region teilzunehmen. Der Strand ist zwar relativ sauber, aber auch nur deshalb, weil morgens Müllmänner mit grünen Schubkarren ein bisschen Müll aufsammeln (was nicht schon auf offiziellen Häufchen, die so frequentiert an der Strandpromenade existieren wie in europäischen Strandorten die Mülltonnen) und diesen dann an zwei offiziellen Verbrennungsstellen hinter den ersten Häuserreihen der Strandpromenade im
Sumpfgebiet unter Palmen abladen. Die zwei Müllhalden passierte ich täglich auf dem Weg zum Strand. Nur die Ausländer stört das, sagen mir die Studentinnen mit einem Schulterzucken.
Da wären wir wieder beim Thema ‘Indiens Regierung’, worüber sich die von den SISP Entwicklungshelfern beeinflussten Surfer lieber gar nicht mehr auslassen wollen – Stichwort ‘Alles korrupte Arschlöcher’ – aber mein gestriger Autorickschafahrer sich begeistert dazu äußert – ‘verrrry good government’ – während wir auf einer staubigen, von Schlaglöchern gesähten Straße vorbei an den improvisierten Bretter- und Wellblechdachbehausungen im armen Fischerörtchen Vinzhinjam fahren, was das Wirkungsgebiet der SISP Organisation ist, um die Ärmsten darunter zu unterstützen.
Indien hat keine Mülltonnen, Indien ist eine.
Indien, wie es – auch – leibt und lebt. Danke für die Erinnerung.