die wahrnehmung des widerwärtigen

plapperlaplapp, postkartenmotive, TEXT

Es gibt schönere Menschen zu betrachten als jene, die ihre sonnenverbrannten Bäuche, altgewordenen Tätowierungen und speckigen Oberarme auf Plastikstühlen vor den Kneipen, die mit Full English Breakfast, Kopparbergs Cider und der Übertragung des nächsten Chelsea Spiels werben, exponieren. Doch die sind glücklich, ich kann’s in ihren Augen seh’n, fällt mir Prinz Pi’s Deutsch-Rap-Poesie ‘Dumm ein und finde es irgendwie schicksalhaft ungerecht, sehnsüchtig auf Café con lecce und die süßen, glutenhaltigen Leckereien schauend strikt meine Diät einzuhalten und prompt am nächsten Tag mit noch stärkeren Schmerzen konfrontiert zu werden.

Widerwärtig. Das ist das Wort in Thomas Bernhard’s Skandalroman Holzfällen. eine Erregung und kommt mir dazu irgendwie in den Sinn, doch fehlt mir der Zusammenhang zwischen dem Künstlerehepaar Auersberger, das der ich-erzählende Autor von seinem Ohrensessel aus voller Abneigung betrachtet, und den Touristen, die sich in Costa Teguise die Bäuche vollschlagen, während ich zielstrebig zur Pasteleria marschiere, um mir wenigstens einen Cortado sin leccezu gönnen. Weder das Ehepaar Auersberger hat dem Schriftsteller etwas angetan, noch sollten mich Touristen stören, wo ich doch selbst einer bin. Aber ich empfinde es als widerwärtig. Und füge mir damit selbst Schaden zu.

Je voudrais

francais, plapperlaplapp, TEXT

Französischkurs … wer macht schon einen Französischkurs. Außer meiner Schwester 😉
Ich will mehr Spass haben, um aus meinem fünfjährigen und seit dreizehn Jahren kontinuierlich degradierten Schulkenntnissen mehr herauszuholen als in Paris mit perfekt aus dem Hals gerolltem “R” ein Bonjour, huit Croissants, s’il vous plait, Merci, Au Revoir zur Sprache bringen zu können.
Und nicht mit anderen, Savoir-Vivres und ‘wir lieben Bordeaux-Wein, nouvelle cuisine ete-pe-te-te Volkshochschülern abends in einem Klassenzimmer eines linguistisch orientierten Gymnasiums gähnend unprickelnde Konversation über die Dauerausstellung im Louvre unter Berücksichtigung grammatikalischer Tücken zu betreiben und eigentlich nur dort zu sein, um mal wieder eine Schule betreten zu dürfen ohne an einem Elternabend teilzuhaben.

Ich will Spass haben. Und bestelle also ein Buch, das die Amazon-User mit fünf Sternen gewertet haben und den interessant klingenden Titel ‘Je voudrais que quelqun m’attend quelque part’ trägt. Erkenne beim Überfliegen des Klappentextes ein Dutzend bekannter Vokabeln und gelange beim Nachschlagen des Titels des ersten Kapitels bereits an die Grenzen meines wichtigtuerisch im Elsaß gekauften ‘Pratique allemand’ – Dictionaire
francais-allemand, allemand-francais. (Pons ist langweilig). Aber was um alles in der Welt sind auch Petites Pratiques Germanopratines? Deutsche Pralinen… vielleicht? Immerhin weiß ich jetzt, dass eine Kornblume eine bluette ist, kann also beruhigt auf Seite 2 mit einem Halbverständnis umblättern, finde aber momentan hebräisch lernen mit israelischen Kollegen viel spannender (Boker Tov), und sollte mir eher langsam Gedanken darüber machen, wie das Zeichen für vegetarisches Essen, Damenklo und Hotel auf chinesisch aussieht…

Männer sind dazu da, Frauen miteinander bekannt zu machen

company talk, plapperlaplapp, TEXT

behauptet der Genetiker Steve Jones, dessen Buch >>DER MANN – Ein Irrtum der Natur?<< in der Rowohlt Revue vorgestellt wurde. Männer = Irrtümer der Natur ??? – also wenn die alle überflüssig wären, dann würde meine Abteilung mal so um 13 schrumpfen, inklusive Chef ;-), keiner würde mich Puffelchen nennen, niemand müsste beim Mittagessen warten, bis ich endlich mal fertiggegessen habe, keiner würde mir das Fotomagazin ausleihen oder mir seine Kamera zu Testzwecken mitbringen …