Madam, Madam, where you from?

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Die Unterkünfte werden immer besser, GoldenRegencyKannur_badstelle ich heute Nachmittag triefnass geschwitzt vom Fußmarsch in Kannur fest, nachdem mich zuvor drei Hotels/Tourist Lodges um den Hauptbahnhof herum abgewiesen haben, von dem ich morgen früh meine Reise in den Süden der Provinz Kerala mit dem Zug fortsetzen werde.

Statt im weniger palastartigen Lonely Planet Budget Tipp Meridian Palace lande ich schließlich im Golden Regency, beschließe kurzum, dass ich nicht duschen werde und erfreue mich meines Seidenschlafsacks. Trotzdem heilfroh darüber, meinen um zwei Kilo Kaffeebohnen und Gewürze aus der Coorg Region schwerer gewordenen Rucksack endlich abstellen zu können und eine Bleibe für die Nacht gefunden zu haben. Was soll man klagen über 400 Rupees (etwa 5 Euro) in der Hochsaison, wo ich in Mumbai für einen leicht höheren Standard, wohl sauberer und mit Meerblick den zehnfachen Preis bezahlt habe…

GoldenRegencyKannur_zimmerKannur hat einen hohen Muslimischen Bevölkerungsanteil, was ein Grund sein kann, weshalb mir – alleinreisend in schlabbrigen jeans und einem Rucksack, höher als ich selbst – misstrauisch begegnet wird. Burkatragende Frauen sind hier keine Seltenheit, aber auch Frauen in blau-weißen Nonnengewändern begegnen mir schließlich am Payyambalam Beach.

Der 38 jährige Santosh, der sich einfach mal neben mich in den Sand setzt und zuallererst auf seinem Smartphone Fotos von Sohn und Frau zeigt, versucht mir in gebrochenem Englisch etwas über seine Stadt zu erzählen – culture and art – behauptet er sei Sänger und lässt mich die Bezeichnung seiner Muttersprache Malayalam und Namen seines Sohns wiederholt aufsagen, bis ich die Aussprache richtig mache. Am Sonntag sei er wieder am Strand, dann mit seiner familie. Aber da gedenke ich schon mit meinem Husband, der gerade auf Business Trip in Kochi ist, in den Teeplantagen um Munnar zu wandern.

Ich werde hier sehr oft von Männern angequatscht, und nicht immer fühle ich mich wohl genug, die Wahrheit zu sagen. Manchmal bin ich auch aus Schweden. Für die 2,5 km Rückweg in die Innenstadt in der Dämmerung vorbei an Kasernen hoffte ich am Eingang des Strands ein Autorickshaw, wie hier Tuktuks genannt werden, zu bekommen. In Ermangelung dessen spricht mich ein junger Mann auf einem Motorrad an und bittet um zwei Minuten meiner Zeit. Eine Nachtwanderung befürchtend habe ich darauf mal keine Lust und setze meinen Fußmarsch fort. Als schließlich ein Rikshaw fahrer anhält und einsteigen lässt, bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Der Motorradfahrer drückt mir seine Visitenkarte einer Englisch Sprachschule in die Hand und erklärt, dass er für seine Schüler nach leuten sucht, die ein anderes Englisch als das indisch akzentierte sprechen. Trotz Hochsaison und neuen Strandhotels im Bau, traf ich auf meiner Reise bisher kaum Westler. Das macht mich offenbar zum Blickfang schlechthin – und allein an mehrheitlich muslimisch bevölkerten Großstadtstränden von ausschließlich Männern angesprochen, vorsichtig. madikeri_children-0167Nichts gegen die Schulkinder, die sich gestern abend am Aussichtspunkt Raja Seat in Madikeri staunend um die blonde Deutsche und ihre Kamera versammelten, oder die Jungs im College-Alter, die sich unbedingt mit mir auf ihren Tablets fotografieren wollten und lachten über meinen Kommentar There are much more beautiful European women than me to be pictured with…. Nur die mutigsten Jungen aus der Schulklasse trauten sich, mir Fragen zu Herkunftsland und Familie zu stellen. Dass ich einen Husband haben muss, davon gingen die Kinder schon von alleine aus;-)

madikeri_tourists-0117Chennappa, mein jünger aussehender 52 jährige Trekking Guide in Madikeri, erklärte mir bei unserer gestrigen Kaffeeplantagen – Regenwald Wanderung, dass die westlichen Touristen dieses Jahr viel weniger geworden sind. Sehr zum Nachteil der Region Kodagu (Coorg), die neben dem Anbau von Gewürzen wie Cardamom, Pfeffer, Zimt, Vanille und Kaffee, der gerade weniger einbringt wegen der brasilianischen Konkurrenz, eben auch vom Tourismus in Homestays in den Plantagen lebt.
Es ist stark zu vermuten, dass das alleine an der einseitigen Berichterstattung der westlichen Medien zu den vergewaltigungen in Indien liegt. Dabei bin ich in den 11 Tagen, die ich bisher in Indien verweile, in keiner komischen Situation gelandet, und die abweisenden oder desinteressierten Reaktionen mancher Menschen haben vielleicht eher etwas mit Scheu oder Demut zu tun.

madikeri_valleyview-0083Im luxuriöseren ‘AC’ Bus (It’s a Volvo) von Mangalore nach Madikeri lernte ich Richard kennen, einen Redakteur der Mangalore Times. Normalerweise fahre er mit dem Auto zu Presseterminen wie diesem nach Sulya und nimmt seine Frau mit. Die jedoch muss ein Bible memory für die christliche Gemeinde in Mangalore vorbereiten und alleine autofahren ins Bergland sei ja langweilig. Er entschuldigt sich mehrmals dafür, dass er mich vollquasselt, empfiehlt mir nach Rücksprache mit einem Kollegen das ehemalige Regierungshotel Mayura Valley View als Bleibe in Madikeri, gibt mir seine Visitenkarte und bietet mir an, ihn in Schwierigkeiten anrufen zu können. Seine Tochter hat einen MBA Abschluss der Uni Bangalore und arbeitet in Heidelberg.