VA18 im Sandhofener Altrhein 2016

Schorsch vun der WaSchPo

Küstenwache, TEXT

Die kleine Milva wünschte sich mal wieder Auslauf und Gesellschaft. Das ist im Hafengebiet im Sandhofener Altrhein unter gesonderter Genehmigung  für Mitglieder der anliegenden Wassersportvereine erlaubt.
Milva wohnt bei der Seglervereinigung Mannheim am Stützpunkt Dordrecht, und lag dort den ganzen Sommer ohne Gassifahrt am Dock, was unter anderem daran lag, dass die kleine 18-Fuß-Lang kurz nach Saisoneröffnung Opfer eines schweren Diebstahls wurde: sie wurde in einer vereinsamten Nacht ihres Außenbordmotors entledigt. Dies machte die Einhandsegelei der MILVA Kapitänin im von großen Flußfrachtschiffen doch frequentierten Hafengewässer mangels einer sicheren Manövrierbarkeit in jeglicher Situation leider unmöglich. 

Die kleine Milva wollte aber so schnell ihre Existenz am Seglerstützpunkt ‘Dordrecht’ wegen unrechtsmäßigen Handlungen Dritter nicht klein beigeben und diente weiterhin als Ort der Erholung: von sanftem Wasserplätschern in den von Wind und Berufsschiffahrt ausgelösten Wellen umgeben, ist Milva für ihre Eigentümerin eine Oase inmitten Mannheimer Industrieromantik.
Die Erholung am Steg des Segelclubs ist derzeit allerdings nur gegeben außerhalb der unregelmäßigen Öffnungszeiten einer Institution, die sich diesjährig ‘Babylon Palast’ nennt. Der Name ist Programm.


Während im vergangenen Jahr ausschließlich der Soundcheck der Anlage stattgefunden haben muss (welche das Zeug zur Beschallung der gesamten Friesenheimer Insel hat) und sich durch kurz angespielte Stücke türkischer Populärmusik für ruhende Segelvereinsmitglieder vorzugsweise nach Mitternacht bemerkbar machte, ist der Babylon Palast nun zur Live-Location für Freunde arabischer Weltmusik etabliert. Das Zeitgefühl der Veranstalter hat sich seit der Soundcheckphase nicht wesentlich geändert, will heißen, der Habibi-Punk geht so um halb eins los und endet frühestens um 3 Uhr morgens.

Blick aus dem Babylon Palast

Nun war an diesem Abend Ende September die Idee, der einem den Schlaf raubenden Beschallung seitens des Bablyon Palasts dadurch zu entkommen, indem man die Nacht ankernd auf dem Wasser in der Müllberg Lagune verbringt. Allein bei lauem Wind losgesegelt, optimal um mal die Handhabung des Gennakers auszuprobieren, lies der Wind nach, aber die Gesellschaft kam. Gesellschaft mit funktionierendem Innenbordmotor und Damenbesuch. Wir vereinbarten, unseren Anker zu werfen und das größere Nachbarboot bei uns festzumachen.

VA18 Segeln im Sandhofener Altrhein bei Flaute

Ein ruhiger Abend mit Verwertung aller noch an Bord befindlichen Vorräte vom vergangenen Sommer. Bis ein herannahendes Motorboot mit hellen Scheinwerfern etwas Unruhe in die illustre Runde Schiffchen brachte.

Was folgte war eine längere Diskussion über die angebliche Illegalität unseres Daseins vor Anker im Hafengebiet. Der Zettel vom Segelvereinsvorstand höchstpersönlich unterschrieben, den ich aus meiner Kajüte hervorkramen konnte, stellte sich als unzureichend heraus, da es nur das Segeln erlaubt, aber nicht das Ankern oder gar Übernachtens auf einem Sportboot!
Der Strafzettel zu der Verwarnung wegen verbotenen Ankerns im Mannheimer Altrhein als Mitglieder eines anliegenden Wassersportvereins über 50 Euronen wurde ausgestellt und ausgehändigt, mein motorisierter Kamerad aufgefordert, uns Manövrierunfähigen doch in den Heimathafen zurückzuschleppen. Über den Verbleib meines gestohlenen Außenbordmotors, welcher uns ja quasi überhaupt erst in die Manövrierunfähigkeit bei Windstille brachte, konnten der Chefbeamte und seine untergeordneten Kollegen leider aber keine Auskunft geben. Stattdessen revidierte der Beamte angesichts mulitple leerer Flaschen alkoholischer Getränke seinen Schleppbefehl und genehmigte schließlich das Notfallübernachten, unter Aushändigung seiner Visitenkarte, die von ihrem Erscheinungsbild derart inoffiziell aussah (ein in türkisblauer Lagune ankernder Katamaran zierte die Karte) , dass wir auch den Strafzettel von Schorsch nicht ernst nehmen konnten.

Festmachen will gelernt sein

Alle in diesem Artikel geschilderten Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen wären zufällig und nicht beabsichtigt.

Le malheur avec le vibrateur

leibesertüchtigung
Was soll da schon passieren? Ich trug meine auftriebsfähige Regattaweste und hatte mit Segeljogi einen ausgebildeten Rettungsschwimmer in Rente an Bord, der auch schon älteren Damen Multitaskingschwimmen (Schwimmen+Tratschen) beigebracht hat. Seine Idee, den gedachten Altrhein-Segelnachmittag fortgeschrittener zu gestalten und LE VIBRATEUR einem Leistungstest zu unterziehen, fiel mir anfänglich schwer ernst zu nehmen, aber ein erfahrener Segellehrer, der mir als Privatlebensretter neulich aus dem Kaffeesatz gelesen wurde, sollte doch ausreichen, dass ich meiner Schiffsführerpflicht nachkomme:
Befolgung schiffahrtspolizeilicher Vorschriften und Gewährleistung der Sicherheit der an Bord befindlichen Personen 😉

Die an Bord befindlichen Personen kamen wieder sicher im Heimathafen für ein wohlverdientes Weizenbier an. Der an Außenbord befindliche Motor verlor beim Ablegen am Neckarufer seine Schraubenblätter. Nach der einst gerissenen Genua fehlt mir an Segelerfahrung nun nur noch der Mast- und Schotbruch samt Kentern durch Unterfahren von Brücken, die nicht genügend hoch sind.

Nach schraubenbedingter Beendigung des Vorankommens unter Motor musste das Binnenschiffahrtsstraßensegelabenteuer nach Überprüfung des Allgemeinzustands des Segelbootes und des Vorhandenseins von Paddeln also unter Segel fortgesetzt werden. Dabei ist besonders dem Sog und Wellenschlag der begegnenden Berufsschiffahrt fernzubleiben. Bugwellen der Berufsschiffahrt sind im rechten Winkel zu befahren, da sonst ein Kentern der kielfreien Segeljolle möglich ist. Für alle Fälle ist der Hafenfunk auf Kanal 11 erreichbar. Wir hatten kein Funkgerät an Bord, dafür aber Proviant, GPS-Gerät und eine Spiegelreflexkamera.

Der Rhein kann nachweislich wie zu Segeljogis Vaters Vorm-Krieg-Zeiten besegelt werden. Mit 8,8 Knoten Höchstgeschwindigkeit in Strömungsrichtung mit Raumschot-Rückenwind. Segeljogi blieb auch in kritischer Situation, die Einfahrt aus der Strömung zurück in den Sandhofener Altrhein entspannt, so dass mir die Gefahr der Situation, als ich kurz zum Indianerdasein aufgefordert wurde, nicht bewusst wurde.

Logbuch:
Startzeit: 15 Uhr.
Rückkehr: 21 Uhr
Distanz: 10.3 nm
Höchstgeschwindigkeit: 8.8 kt
Schnitt in Bewegung: 2.4 kt