Nixbox

plapperlaplapp, TEXT

Darüber will ich schreiben, denke ich, und springe damit von der Dusch-Box über die Wäschewasch-Box, mit Gedanken an die ‘was-esse-ich-nachher’ und Emotions-Box direkt auf die Computer-Box. Und offenbare damit der ganzen Welt, dass ich genau das keine habe. Eine Nixbox. Einfach mal nichts tun und nichts denken. In der Nixbox verweilen. Runterkommen. Innehalten. Schuldgefühle ignorieren die sich in Form von bekannten Aussagen wie ‘die faule Socke!’ oder ‘schaff was Mädle, damit was aus dir wird’ ins Unterbewusstsein drängen.
Der feine Unterschied in der Gedankenwelt bei Männern und Frauen ist die Nixbox, so erläutert uns der Älteste unserer Café Bande bei Cappuccino, Herrentorte, Tomatensuppe und Prosecco das Prinzip an einem Schachbrettmuster. Ein Mann kann gedanklich nicht direkt von einem Thema aufs nächste springen, also quasi von der Beruf-Box in die Familien-Box oder gar die (im Unterschied zum Frauen-Schachbrettmuster) stark vergrößerte Sex-Box, sondern muss jeden Wechsel über die Nixbox machen. Eine Nixbox kann man sich so vorstellen wie den Leerlauf eines Motors. Mir leuchtet sofort ein, warum der Motor des Schulungsboots im Segelverein ständig kaputt ist. War da eine Sportbootführerschein-AnwärterIN am Werk, die direkt vom Vorwärts- in den Rückwärtsgang geschaltet hat, ohne im Leerlauf innezuhalten? Seltsamerweise habe ich bei dem Unfug auch schon Männer erlebt, die direkt den Hebel umgelegt haben. Aber vielleicht waren das dann eben metrosexuelle Ausnahmetypen die zu viel Gala lesen, und denke dabei an meinen Gynäkologen. Gewiss ist – Angler haben eine Nixbox. Sonst würden sie dieser Beschäftigung nicht nachgehen. Mir wird nicht zugetraut, dass ich bei meinem ständigen Gequassel und unter Strom stehen eine  habe. Und ein guter Freund, der auf der Arbeit seine Pausen einhält und einfach mal nixboxig in der Kaffeeecke sitze, wird vom Chef getadelt, er solle sich gefälligst ein Buch zur Hand nehmen, damit es nicht so aussähe, in der Abteilung würde nicht gearbeitet… Wobei ich mich dann wieder frage, wie der Chef Chef wurde. Garantiert nicht ohne Nixbox 😉

Video zur Nixbox

Einfach nichts denken

Küstenwache, TEXT

Auf der Suche nach der Ursache meiner Ohrgeräuschsymptomatik bin ich in Hape Kerkelings Jakobsweg Pilgerreiseroman Ich bin dann mal weg auf einen Erklärungsversuch und Heilungsansatz gestoßen, der mir nicht fremd ist.  Einfach nichts denken. Vielleicht ist es dieser Zustand in den ich mich beim Jollensegeln oder Slacklining befördere, und mir damit bereits mehrfach die klassische Hörsturztherapie  mit Cortisoneinnahmen und Infusionen ersparen konnte.

Man ahnt gar nicht, was mit dem Körper passiert, wenn man ihn ohne Denken und Sprechen nur vorantreibt und läuft. Einfach nicht denken. (…) Aber mein Denken zu stoppen ist fast unmöglich. In Gedanken stimme ich ständig irgendwelche Lieder an oder denke über zusammenhanglosen Schrott nach. Wo sind meine Hausschlüssel? Zigaretten kaufen, kaputte Füße, Hunger auf Kartoffelsalat! Irgendwann schalte ich im Kopf tatsächlich den Denkstrom ab und denke einfach nichts mehr. Einen Weg zu beschreiben, den man ohne Gedanken geht ist nahezu unmöglich. Da man die Dinge nur noch ungefiltert und ohne sie zu bewerten wahrnimmt. Und wertfreies Wahrnehmen lässt sich später kaum schriftlich formulieren. Alles wird eins. Mein Atem, meine Schritte, der Wind, der Vogelgesang, das Wogen der Kornfelder und das kühle Gefühl auf der Haut. Ich gehe in Stille.  Drücke ich während des Wanderns mit meinen Füßen auf den Weg oder drückt der Weg auf meine Füße? Ohne meine Gedanken bin ich ohne Ausdruck und die Landschaft, die Geräusche und der Wind beeindrucken mich nicht. Auch Hässlichkeiten wie eine tote Katze auf dem Weg, oder Schönheiten wie die schneebedeckten Gipfel des kantabrischen Gebirges hinterlassen keinerlei Eindruck. Diese totale Abwesenheit von Druck ist ein barmherziger Zustand. Er bringt keinen Spaß, aber auch kein Leid mit sich. Und am Ende des Weges stelle ich fest, wenn ich mich nicht in Wort und Gedanken ausdrücke, beeindruckt mich auch nichts. Weder Wind noch Regen. Wenn man seinen Ausdruck in Denken und Handeln, Sprechen, Singen, Tanzen nicht gelegentlich pausieren lässt, verselbständigt er sich und das Ergebnis ist die Erzeugung ständigen Drucks. Jeder eigene Ausdruck führt zu einem Eindruck bei anderen, und der erzeugt in ihnen neuen Ausdruck, der widerum für einen selbst beeindruckend ist. Der sich ständig ausdrückt ist auch immer beeindruckt. So entstehen Ehekräche und Weltkriege. Irgendwann legt dieser ständige Druck jeden lahm. In der Stille herrscht kein Druck. Wenn ich nichts denke, nichts ausdrücke, bin ich aber trotzdem immer noch da.  Auf dem Weg treffe ich eigentlich immer wieder nur auf eins. Auf mich. Und was ich in Zukunft ausdrücke, werde ich mir noch genauer überlegen als bisher. [ Hape Kerkeling . Ich bin dann mal weg ]

Winterpokal

leibesertüchtigung

Unser Winterpokal ist beendet. Von 1.November bis 31.Januar waren Kollege Highdelbärund Kollegin Blitzschuh sowie meine Wenigkeit im großen Wettkampf. Es ging um nichts, außer eine Exceldatei, in der jeder dokumentierte, ob er sich in einer der gelisteten Disziplinen mal betätigt hat oder nicht. Wer zuviel machte, war selbst schuld, denn ein Spaziergang von mindestens 30 Minuten galt genauso als Leibesertüchtigung wie ein Ultramarathon. Ich habe trotzdem verloren. Mit der Kupfermedaille belegte ich den ersten Platz von hinten. Wie geil!  Dafür habe ich den ersten Winter ohne jegliche Erkältungskrankheit überstanden und meine winterliche Leibesertüchtigung im Vergleich zu den Vorjahren um ein Vielfaches gesteigert. In Fakten:
Meine neue Lieblingssportart ist: Spazierengehen
Leibesertüchtigung fand statt: 58 Mal, i.S.v. Laufen, Schwimmen, Radfahren, Yoga, Krafttraining und Spazierengehen. In den Vorjahren habe ich mich im gleichen Zeitraum bewegt (Radfahren/Laufen/Schwimmen):
2008/2009: 8 Mal
2007/2008: 16 Mal
2006/2007: 11 Mal

Einen großen Einfluss auf dieses Ergebnis und dadurch auch mein diesen Winter halbwegs stabil bleibendes Gewicht hatte auch die Tatsache, dass ich keine Wettkämpfe oder überfordernde Fahrradtorturen wie bisher in langer Vorausplanung in diesem Jahr anstehen habe. Ich muss gar nix. Und beim sporteln ist das ein unglaublich befreiendes Gefühl. Ich laufe, radle oder schwimme ganz einfach nur für mich und mein Wohlbefinden. Und nicht mehr mit dem unterbewussten Hintergedanken, dass diese Betätigung das notwendige Training für einen Wettkampf ist, derer ich 2009 dann doch innerhalb 7 Monaten 12 getätigt hatte.
Wie auch Profiradsportlerinnen in Karrierebeendigungsinterviews angeben, ‘sich nichts mehr beweisen zu müssen’, hat mich mein Monsieur Ménière im Herbst doch langsam zur Besinnung gebracht – und dank der grandiosen Winterpokal-Aktion gesünder gemacht und gehalten.