Paulchen

die lieben nachbarn

Diese direkte Konfrontation mit den Menschen, die in diesem Stadtviertel leben, mag ich.
Heute abend, beim Pizzaladen um die Ecke.
Wollte nur meine Canneloni abholen. Aber wie das ja immer so ist, verschätzen die sich etwas in der Zeit, die es dauert, bis das Tiefkühlzeugs aufgetaut und im Pizzaofen anständig warm gemacht ist.
An den Stehtischen vor der Theke, standen die, die immer da stehen. Ich nenne sie mal Karl-Heinz und Egon. Vor der offenen Tür rauchte einer. Den nennen wir mal Paul. Oder besser: Paulchen. Typ Hartz 4 und Möchtegern-Charmeur. Aber eigentlich ein kleines dürres armes Männchen. Egon meinte, der Sommer wird warm. Ich erwidere, letztes Jahr wars aber schon im April so heiß. Egon steht auf 40°C, ich nicht, erörtern wir. Weil ich bei der Hitze nicht arbeiten kann. Ist ja nicht so, dass mein Büro klimagekühlt wäre. Egon macht das nichts aus, er ist Koch und arbeitet bei 70 Grad. Paulchen von draußen versucht sich in das Gespräch einzubringen und glotzt auf meinen Arsch. Mist. Warum musste ich heute die knallenge Levisjeans anziehen, die mir die Ü32 empfohlen hatte (die inzwischen Ü33 ist), aber ich weiterhin der Meinung bin, dass damit leider mein Pferdearsch noch mehr zur Geltung kommt…
Paulchen redet auch irgendwas vom Durchhaltevermögen des Egon. Er redet irgendwie weiter, während ich zum Pizzaofen rüberschiele und mir Giovanni sagt, es dauere noch vier Minuten. Irgendwann schaue ich wieder zu Paulchen, der meinte, ja, er rede mit mir. Schon die ganze Zeit. Ich dachte irgendwie mit Egon. Also nehme ich mir Paulchen vor, der mich nach draußen bittet, ich aber den Scheiß-Rauch mit meinem akuten Asthma heute nicht haben will. Paulchen redet. Ich verstehe ihn schlecht. Er meint, ich sei die Frau die es wert sei. Aha, da weht der Wind. Er redet weiter. Ich frage jeden zweiten Satz nach. Ob ich denn schlecht höre. Ich sage Ja. Aber eine Frau wie mich würde er nicht anschreien wollen. Schön für ihn, muss er ja auch nicht… Paulchen macht sich dennoch lächerlich und schreit. Tick zu laut, echt. Ich begebe mich wieder rein Richtung Theke. Egon und Karl-Heinz grinsen vor sich hin. Ich sei eine ganz besondere Frau, da gehöre doch ein Mann dazu, so Paulchen. Wie er denn auf die Idee käme, dass ich einen Mann bräuchte, frage ich ihn. Er wünsche sich intellektuellen Austausch mit mir. Ich lache. Und dass es ja ganz toll sei, eine Frau zu haben, die nicht alles versteht. Witzig. Egon lacht. Karl-Heinz lacht. Ich grinse vor mich hin und schiele Richtung Pizzaofen. Paulchen bittet um fünf Minuten, die er mit mir reden kann. Ich wittere ein gebrochenes Herz , atme erleichtert auf, als meine Canneloni fertig sind, und bemerke beim Zahlen: ‘Na Sie haben aber lustige Kunden hier’. Frau Pizzaladen bricht in schallendes Gelächter aus. Egon fragt besorgt ‘Du meinst damit doch hoffentlich nicht mich!?’.

die lieben nachbarn

die lieben nachbarn

Endlich mal wieder in einem Miethaus, in dem was los ist. Das hat ja in Heidelberg richtig gefehlt. Keine griesgrämigen Opis, die gegen alle Widerstände (von mir falsch) geparkter Autos die Hebebühne hochfahren und das Heck damit verkratzen, keine Kacke im Vorgarten, keine allerorts über alle anderen Nachbarn lästernden Muttis mit schreienden Kindern, keine Telekom-Mitarbeiterinnen, die auf SAP-Tüten stehen. Nichts war los. Im von Studenten und unkomplizierten Menschen zwischen 20 und 40 bewohnten Heidelberger Altbau. Nicht einmal die WLAN-Netze waren kreativ benannt. Und die Disse nebenan störte keinen so wenig wie mein Getrampel auf den Dielenböden.

Aber jetzt. Mannheim. Ach, Sie wollten mal in eine richtige Stadt ziehen., so mein Ohrenarzt.

Die WLAN-Netze um meine internetlose Wohnung sind alle gesichert, haben dafür hochkreative Namen. Katzenjammer1982, Arztsohn, Quetschi, LaRoe2, littlecurley, achimprivat, saccodiroma, Apple Network 🙂 . Gleich sympathisch.

Die 73jährige Nachbarin, die mir nun bereits ihre Gallenstein-OP im Detail erläutert hat, den jungen Mann im EG des Gelbe-Säcke-in-den-Hof-schmeißend beschuldigte (ich tat das auch, alle tun das) schätzte mein Alter auf 23, (ich Sie als Gegenleistung auf um die 60) und die Nachbarschaft ist bereits schon so gelungen, dass Sie mir bisher die Kehrwoche abgenommen hat.

Die Nachbarn über oder neben mir haben zwei Lieblingslieder:
Goodbye Ruby Tuesday und Let’s spend the night together... Darüber hätten wir nun also auch geredet.

Einen Keller durfte ich gestern einer hilflosen Nachbarin helfen aufzubrechen, welcher der Schlüssel im Vorhängeschloss abgebrochen war, und die mit einem Schraubenzieher, mit welchem man einen Walkman hätte reparieren können, für diese grobmotorische Tat ausgestattet war.

Der junge Typ im EG hat coole grüne Wände und kuckt immer wie ein Auto, wenn er mich sieht. Hatte ihn doch nur gefragt, wie das mit seinem Telefonanschluss funktionierte…

Und die kleine Familie unter mir hat sich nicht mal beschwert, als ich nachts um zwei ein Regal aufgebaut habe.

Schön hier.

Grünstrickmützen-Cobain

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Grinsen in der Langen Rötterstraße. Das geht aber mal gar nicht! So der der junge Mann im Kurt-Cobain-Look mit seiner grasgrünen Strickmütze, der sich während meines Passierens aus seiner Hochparterrewohnung in den warmen Sonntagabend rauslehnte.

“Es gibt nichts zu grinsen! Wir haben drei Millionen Arbeitslose!”

Sah irgendwie süß aus, dieser grüne Punkt aus dem Fenster, zu der Clubmusik, die daraus erschallte. Darum grinse ich. Und erklärte ihm das. Und dass er gute Musik höre und nur cool aussehe, solange seine Haare so lang sind.
Schließlich habe ich mir auch nur aus dem Grund der Strickmützenfrisur meine Haare wachsen lassen. Die müssen nämlich konkret unten rauskucken.

Da freute sich Grünstrickmützen-Cobain. Die drei Millionen Arbeitslosen waren vergessen. Und ich wohl doch halbwegs in Ordnung. Trotz meines Grinsens zum Leid des Tages.

Glück

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Es ist immer gut, Kletterer über sich wohnen zu haben. Insbesondere, wenn man sich just aus der Wohnung ausgesperrt hat. In Momenten, in denen man darüber nachdenkt, was billiger ist, Schlüsseldienst oder Scheibe in der Tür einschlagen, und wer von uns beiden nun der Idiot ist. Was machen wir? Beide Balkontüren sind offen… über dem einen Balkon ist ein anderer.
Da kam der nette junge Mann von oben gerade richtig gelegen, als er fragte, ob er helfen könne, und sich dann auch noch herausstellte, dass er ein Seil und einen Gurt hat, und einen Kumpel, der innerhalb einer halben Stunde mit zweitem Gurt und HMS Karabiner vorbeikommt.
Heute abend also mal in meine Wohnung abgeseilt worden. Nun haben zwei Jungs ein paar Flaschen Bier und einen guten Rotwein. Und wir kein Schlüsseldiensttheater und eine intakte Wohnungstür.

Das So-und-So-Cafe

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+++ Aus der Reihe: falsch gelesen und trotzdem gelacht +++

Unsere Wohnung liegt neben einem Club. Soll jetzt nicht heißen, dass ich schon mal drin war. Soll auch nicht heißen, dass ich nicht gerne mal hingehen würde. Wo mir der Club immerhin laue Sommernächte bescherte, in denen mir es tatsächlich irgendwann gelang, zu den Bässen von nebenan einzuschlafen.

Wie dem auch sei. Nebenan ist ein Club. Der Club ist ein So-und-so-Cafe. Ich wußte bis zu dem weihnachtlichen Besuch meines Papas nicht, was ein Soundso-Cafe ist. Vielleicht ein Cafe, in dem man soundso trinkt, dazu soundso viel raucht und danach soundso Dinge treibt. Manchmal kommen auch soundso Typen rein, die einen anpöbeln. Hat mir soundso ein Kollege erzählt. Aber irgendwie macht mich das so oder so neugierig. Also sollte man als Nachbarin eigentlich auch mal hingehen. In das Soundso-Cafe. Das Soundcafe Storchennest.

Auf einem Acker saß ein Kacker

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Ein Schild, wie es hier abgebildet ist, täte an unserem Mehrfamilienhaus auch mal nicht schaden. Entsprechend war der Anblick gestern morgen, 6:15 Uhr, als ich das Haus verließ. Das war vor dem morgendlichen Kontrollgang von Opa-mit-Krückstock von unten. Ich musste lachen bei dem Gedanken an den Verlauf seines gestrigen Kontrollgangs. Zum Glück lebte er heute noch.

Hingekackt wurde bei uns! Und es war eindeutig KEIN Hund. Hunde benutzen nämlich keine Tempotaschentücher. In die Büsche neben dem Zugang zum Hauseingang, direkt vors Küchenfenster
von der netten Dame mit dem Harley-Freund. Fotografiert hab ich das ausnahmsweise mal nicht 😉
Auf die Idee, da mal bisschen Erde drüberzuschaufeln kam bis zu meiner Rückkehr heute abend noch keiner. Und wenn ich Katzenklo drüberstreuen würde, wär der Stress wieder da.
Wenigstens auf die dem Haus abgewandte Seite hätte es der Durchfall doch auch noch schaffen können. Das war kein Acker, du Kacker!

Neues aus dem Mehrfamilienhaus

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Die alte Plantschkuh ist ausgezogen. Ganz spontan wohl, da kommt man nichtsahnend aus dem Urlaub zurück, hat den Restärger verdaut über die Beleidigungen, die sie uns vor dem Urlaub einfach mal so an den Kopf geworfen hat – und – jetzt ist sie weg. Einfach weg. Man hört noch von Nachbars – die ganz Coolen, die hier noch wohnen – dass auch sie grundlos mit unsittlichen Begriffen benannt wurden, Schabracke von unten musste wohl nochmal Frust abbauen an den unschuldigen Mietern über die hellhörigen Rohre und Wände in diesem Haus.
Und nun sind wir alle gespannt auf die Neuen. Ob sie vielleicht das Wachsen meiner Tomaten und Gurken auf dem Balkon stört. Vielleicht stören sie auch die Blätter, die ggf. herunterfallen könnten. Oder noch schlimmer – Gehirnerschütterung weil Tomate auf den Kopf gefallen. Aber wehe, die steigen mit der Leiter hoch und klauen mir mein Balkongemüse, das mir Papa mit Liebe angesetzt hat.

Die lieben Nachbarn und der arme Vermieter

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Mal wieder ein netter Brief vom Vermieter heute eingegangen. Der arme Mann ist dauernd am 55- Cent-Sondermarken-für-höfliche-Mahnungen-Investieren , nur weil die Kommunikation im Haus nicht direkt erfolgen kann. Die Drückeberger sind einfach nicht in der Lage, ihren Ärger direkt zu äußern, einmal klingeln wäre alles, wir morden nicht.

Aber es gibt ja auch kaum Gründe sich zu beschweren, schließlich verwalten wir das Katzenpissklo – wie vor einiger Zeit angemahnt – längst ordentlich über geruchsrückhaltende Plastiktüten in den Restmüll (und nicht etwa über die Briefkästen der anderen Bewohner, höhö).
Und das Parkproblem könnte man auch derart lösen, indem man auf uns zukommt, wenn man Besuch erwartet, und uns bittet, unsere Zweitwagen, die eh meist on-the-road sind, als Zuvorkommen für den Besuch der anderen einfach mal schnell woanders zu parken. Naja, aber das ist halt hier leider nicht das kommunikativste Völkchen im Mehrfamilienhaus… die klauen nur gern Waschmittel.

Von der Hausverwaltung wurde unser 55-Cent-Investor informiert, dass ‘Sie den Gästeparkplatz als Ihren Kfz-Stellplatz nutzen und der Tiefgaragenstellplatz häufig leer bleibt.
– das war vielleicht zweimal höchstens…
Da es sich um einen Gästeparkplatz handelt, parken Sie bitte künftig Ihr Fahrzeug auf dem für Sie vorgesehenen Tiefgaragenstellplatz.
– Wie? Drei Fahrzeuge übereinander?
Weiterhin bitte ich Sie nochmals, den Inhalt des Katzenklos wie von der Hausverwaltung vorgeschlagen zu entsorgen (in Papier einwickeln), damit es, gerade in der warmen Jahreszeit, nicht zu einer unangenehmen Geruchsbelästigung kommt.
Na gut, eben nicht mehr in Plastiktüten sondern in Papier, atmungsaktive Verpackung für die Pisse und Zufriedenstellung der Nachbarn 😉

Ich könnte meinem Vermieter auch meine Emailadresse für weitere, kosteneffizientere Kommunikationswege anzubieten. Tu ich aber nicht. Ist mir zu doof. Das wird gebloggt. Seelenstriptease. Jetzt und hier.

Moderne schwäbische Gartengestaltung Teil II

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Der Schutz der privaten Gewächse ist bei der modernen Gartengestaltung nicht zu vernachlässigen. So wurde der Salat bei beginnendem Niederschlag folgendermaßen vor äußeren Witterungseinflüssen wie Licht und Wasser geschützt:

1 Schicht Netz gegen Vogelangriffe.
2 Schichten Folie, die mit Holzlatten fixiert ist,
welche zuvor mit einem Akkuschrauber professionell am Gewächscontainer angebracht wurden.

Dieses Verfahren ist Laien wie mir gänzlich unbekannt, und bedarf natürlich einer künstlichen Bewässerung.

Garantiert ist somit, dass der Rentner von Nachbars nie tatenlos dem hochschießenden Wachstum seines Salates zusehen muss.

Moderne schwäbische Gartengestaltung

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Nachbars Garten
Gesehen: Nachbars Garten meines Zweitwohnsitzes
Idee: Raab hätte seinen Spass
Sinn: keiner. Sieht bescheiden aus.
Idee eines Sinns: ergonomischer Salatanbau.
2.Idee eines Sinns: Tätigkeit zur männlichen Selbstbestätigung (“mir schaffat ebbes”), im Baumarkt Dinge zu kaufen, die hinterher im Geräteschuppen verstauben, ist ja auch nicht gerade im Sinne des Erfinders.
Nachteil: 2 Kubikmeter pro Container zusätzliche Erde erforderlich, zusätzlicher Einbau einer Drainage ist bereits erfolgt.

Schöner Wohnen in Deutschland

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So oder ähnlich geht’s also zu in deutschen Mehrfamilienhäusern:
Da fühlen sich die einen durch die Klospülung der anderen gestört und unterstellen diesen
bauliche Veränderung, da finden die anderen, die Wäsche gewisser Bewohner rieche nach Scheiße und andere würden Dreckwäsche im Waschraum horten.
Dann sind generell alle Bewohner unzivilisiert, weil Türschmuck vermisst wird.
Außerdem ist es verboten, anderer Leute Kinderwägen im Wert von tausend Euro auch nur einen Zentimeter zu verschieben,
und andere sind auch schon ausgezogen, weil ihnen volle Müllsäcke vor die Wohnungstür gestellt wurden.
Deutschland – Deine Bewohner. Es wird viel passier’n. Drehen wir ne Serie. Jawohl.

Schöner Wohnen in Deutschland

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So oder ähnlich geht’s also zu in deutschen Mehrfamilienhäusern:
Da fühlen sich die einen durch die Klospülung der anderen gestört und unterstellen diesen
bauliche Veränderung, da finden die anderen, die Wäsche gewisser Bewohner rieche nach Scheiße und andere würden Dreckwäsche im Waschraum horten.
Dann sind generell alle Bewohner unzivilisiert, weil Türschmuck vermisst wird.
Außerdem ist es verboten, anderer Leute Kinderwägen im Wert von tausend Euro auch nur einen Zentimeter zu verschieben,
und andere sind auch schon ausgezogen, weil ihnen volle Müllsäcke vor die Wohnungstür gestellt wurden.
Deutschland – Deine Bewohner. Es wird viel passier’n. Drehen wir ne Serie. Jawohl.

Christvesper Dußlingen 2003

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Eindrücke …
Allgemeines “Wer-kennt-wen”-Spiel wie jedes Jahr, den suchenden Blicken (inkl. der meinen) nach zu urteilen. (“Wer send Sie denn, i kenn Sie doch” – Ich bin die Marion und habe bei Ihnen vor einigen Jahren mal Briefe ausgetragen)
Ein Mann drei Reihen vor mir steht auf, geht zu einem Bekannten, der eine Reihe vor mir sitzt und teilt ihm mit “Bloß dass du’s woisch, der Boom isch zahlt”.(=Damit du es weißt, der Baum ist bezahlt.(Also keine Sorgen an Weihnachten, der Christbaum wurde rechtsmäßig erworben;-).
Der verfeindete Nachbar meiner Eltern setzt sich in die selbe Reihe wie ich, allerdings mit fünf Metern Abstand.
Und das Durchschnittsalter des Sängerkranzes wird auch immer höher. Ich warte ja noch auf den Heilig Abend, an dem der Sängerkranz nicht mit von der Partie ist…aber das wäre wohl die Katastrophe schlechthin.